Splittingvorteil aus neuer Ehe beim Unterhalt für Kinder aus erster Ehe

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

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Nr. 175/2008

Der Vorrang des Unterhalts minderjähriger Kinder gegenüber Ehegatten gilt auch im Mangelfall für das gesamte verfügbare Einkommen des Unterhaltspflichtigen und schließt den Splittingvorteil aus dessen neuer Ehe ein.
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18.September 2008

Kabinett beschließt Reform des ehelichen Güterrechts

Berlin, 20. August 2008
Das Bundeskabinett hat heute einen Gesetzentwurf zur Reform des Zugewinnausgleichs und der Verwaltung von Girokonten betreuter Menschen beschlossen.

Die Bedeutung des Zugewinnausgleichs ist 50 Jahre nach seinem Inkrafttreten besonders aktuell, denn heute wird etwa jede dritte Ehe geschieden. Bei einer Scheidung müssen die Ehegatten das gemeinsame Vermögen auseinandersetzen. Im gesetzlichen Güterstand, in dem die Mehrzahl der Ehepaare lebt, gibt es zudem den Zugewinnausgleich. Danach erhält jeder Ehepartner die Hälfte an dem Vermögenszuwachs während der Ehezeit. „Der Zugewinnausgleich wird im Grundsatz beibehalten, weil er für einen fairen und praxistauglichen Ausgleich sorgt. Mit dem vorgelegten Reformentwurf wollen wir einige Schwachstellen beseitigen und damit noch besser sicherstellen, dass die Teilung wirklich gerecht ist“, erklärte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

„Unredliche Vermögensverschiebungen zu Lasten des Ehegatten, der einen Ausgleichsanspruch hat, sollen künftig besser verhindert werden. Außerdem muss berücksichtigt werden, ob ein Ehepartner bereits mit Schulden in die Ehe gegangen ist. Die Tilgung dieser Schulden muss berücksichtigt werden. Der rechtliche Rahmen für Ehe, Lebenspartnerschaften und Familie muss auf der Höhe der Zeit sein und den Bedürfnissen der Menschen entsprechen“, betonte Zypries.

Zu den Regelungen im Einzelnen:
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4.September 2008

BGH am 30.7.2008: Neues Unterhalsrecht 2008

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

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Nr. 150/2008

Zum Unterhaltsbedarf und zum Rang der Ansprüche, wenn der Unterhaltspflichtige neben einem geschiedenen Ehegatten auch einem neuen Ehegatten unterhaltspflichtig ist

Der u.a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich erneut mit Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem zum 1. Januar 2008 geänderten Unterhaltsrecht zu befassen. In Rechtsprechung und Literatur war noch weitgehend ungeklärt, wie der Unterhaltsbedarf der geschiedenen und der neuen Ehefrau zu bemessen ist und ob sich die Ansprüche wechselseitig zur Höhe beeinflussen. Zum 1. Januar 2008 ist durch § 1609 BGB auch der Rang der beiden Unterhaltsansprüche geändert worden, was sich immer dann auswirkt, wenn der Unterhaltspflichtige unter Wahrung des ihm verbleibenden Selbstbehalts (hier: 1000 €) nicht alle Ansprüche voll befriedigen kann. Artikel lesen

1.August 2008

BGH am 16.07.08: Dauer und Höhe des Betreuungsunterhalts

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

Nr. 139/2008

Zum Bedarf und zur Dauer des Betreuungsunterhalts

Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich erstmals mit Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem zum 1. Januar 2008 geänderten Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelichen Kindes (§ 1615 l Abs. 2 BGB) zu befassen. Weil dieser Anspruch und der Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz einander weitgehend angeglichen worden sind, hat die Entscheidung auch erhebliche Auswirkungen auf die Dauer des nachehelichen Betreuungsunterhalts.

Die 1968 geborene Klägerin und der 1962 geborene Beklagte lernten sich kennen, als die Klägerin von ihrem früheren Ehemann getrennt lebte und ihren im März 1995 geborenen ehelichen Sohn versorgte. Als die Klägerin von dem Beklagten schwanger war, zogen die Parteien zusammen; im Dezember 1997 wurde ihre gemeinsame Tochter geboren. Ein weiteres gemeinsames Kind wurde im Januar 2001 geboren.

Die Parteien trennten sich im Juni 2002. Seit Februar 2004 hat die Klägerin einen neuen Freund. Der Beklagte ist seit Oktober 2004 mit einer neuen Partnerin verheiratet.
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18.Juli 2008

BGH am 11.06.2008: Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich

Der u.a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte mit seinem Beschluss vom 11.06.2008 über einen Antrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zu entscheiden.

Die Ehe der Parteien wurde nach 29 Jahren am 20.07.1995 rechtskräftig geschieden. Zugunsten der Ehefrau wurden im Scheidungsurteil Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung vom Rentenkonto des Ehemannes übertragen. In Bezug auf die betriebliche Altersversorgung des Ehemannes wurde in vollem Umfang der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten.

Nachdem nun seit 2004 beide Parteien jeweils Rentner waren, konnte der schuldrechtliche Versorgungsausgleich von der Ehefrau beantragt werden.

Die Besonderheit lag darin, dass Artikel lesen

12.Juli 2008

BGH: Betreuungsunterhalt nach neuem Unterhaltsrecht

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

Nr. 129/2008

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgenden Terminhinweis geben:

Verhandlungstermin: 16. Juli 2008

XII ZR 109/05

AG Düsseldorf – 253 F 174/03 – Urteil vom 16. März 2004

OLG Düsseldorf – 2 UF 125/04 – Urteil vom 23. Mai 2005 – FamRZ 2005, 1772

Der XII. Zivilsenat hat am 16. Juli 2008 erstmals über den durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz zum 1. Januar 2008 geänderten Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes (§ 1615 l Abs. 2 BGB) zu entscheiden. Weil dieser Unterhaltsanspruch dem nachehelichen Betreuungsunterhalt weitestgehend angeglichen wurde, wird die Entscheidung auch Auswirkungen auf die Dauer des Betreuungsunterhalts der Mutter eines ehelich geborenen Kindes (§ 1570 BGB) entfalten.

Die 1968 geborene Klägerin und der 1962 geborene Beklagte lernten sich kennen, als die Klägerin von ihrem früheren Ehemann getrennt lebte und ihren im März 1995 geborenen ehelichen Sohn versorgte. Als die Klägerin von dem Beklagten schwanger war, zogen die Parteien zusammen; im Dezember 1997 wurde ihre gemeinsame Tochter geboren. Ein weiteres gemeinsames Kind wurde im Januar 2001 geboren.

Nachdem die Parteien sich im Juni 2002 getrennt hatten, zog der Beklagte im Dezember 2002 auf Bitten der Klägerin aus der gemeinsamen Wohnung aus. Die Klägerin hat seit Februar 2004 einen neuen Freund; über die Intensität dieser Beziehung streiten die Parteien. Der Beklagte ist seit Oktober 2004 mit einer neuen Partnerin verheiratet.

Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, neben dem Kindesunterhalt an die Klägerin rückständigen und laufenden Betreuungsunterhalt, zuletzt in Höhe von monatlich 216 €, zu zahlen. Den Anspruch auf Betreuungsunterhalt hat es allerdings auf die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes, also bis Januar 2007, beschränkt. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer – vom Oberlandesgericht zugelassenen – Revision, mit der sie einen unbefristeten und höheren (monatlich 1.335 €) Unterhalt begehrt. Der Beklagte begehrt im Wege der Anschlussrevision im Wesentlichen Klagabweisung und Rückzahlung eines Teils des in der Vergangenheit geleisteten Unterhalts. Er hält einen Unterhaltsanspruch bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes für ausreichend und greift die Unterhaltsberechnung auch zur Höhe an.

Der hier relevante Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes ist seit dem 1. Januar 2008 wie folgt ausgestaltet:

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9.Juli 2008

BGH-Urteil 16.04.08: Fremdgehen beendet Unterhalt

Zur Verwirkung von Unterhaltsansprüchen nach Aufnahme einer gleichgeschlechtlichen Beziehung

Der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich mit der Frage zu befassen, ob eine Ehefrau den Anspruch auf Trennungsunterhalt verwirken kann, wenn sie eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft aufnimmt.

Die Klägerin nimmt den Beklagten, ihren Ehemann, auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch. Sie hatte diesen nach etwa 26jähriger Ehe, aus der fünf Kinder hervorgegangen sind, aufgrund ihrer sexuellen Umorientierung und gleichgeschlechtlichen Neigungen verlassen und war zu einer Freundin gezogen, zu der sie einige Zeit darauf auch eine intime Beziehung aufnahm. Im Zeitpunkt der Trennung lebten die jüngsten Kinder noch im Haushalt der Parteien; sie blieben nach dem Auszug der Klägerin bei dem Beklagten.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf ihre Berufung ist der Klägerin der begehrte Trennungsunterhalt teilweise zugesprochen worden. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, die Inanspruchnahme des Beklagten sei nicht grob unbillig im Sinne des § 1579 BGB. Dabei könne dahinstehen, ob die Ehe beim Auszug der Klägerin bereits zerrüttet gewesen sei. Jedenfalls sei die Abkehr der Klägerin von der Ehe nicht ohne objektiven Grund, sondern aus verständlichen Motiven erfolgt, so dass es an der Voraussetzung des „Ausbruchs aus der Ehe“ als Anwendungsfall des § 1579 Nr. 7 BGB fehle.

Die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision, mit der der Beklagte weiterhin Klageabweisung begehrte, hatte Erfolg.

Der Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB, der ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei dem Berechtigten liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten voraussetzt, kann erfüllt sein, wenn der Berechtigte gegen den Willen des anderen Ehegatten eine eheähnliche Gemeinschaft begründet oder ein nachhaltiges, auf längere Dauer angelegtes intimes Verhältnis zu einem anderen Partner aufnimmt. Darin ist eine so schwerwiegende Abkehr von den ehelichen Bindungen zu sehen, dass nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit, der dem ehelichen Unterhaltsrecht zugrunde liegt, die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint. Der entscheidende Gesichtspunkt für die Annahme eines Härtegrundes ist dabei nicht in der Trennung als solcher zu sehen; es steht dem Unterhaltsberechtigten frei, die eheliche Lebensgemeinschaft aufzuheben. Wesentlich ist vielmehr, dass er sich zu seinem Verhalten in Widerspruch setzt, wenn er sich einerseits aus den ehelichen Bindungen löst, andererseits aber die eheliche Solidarität durch ein Unterhaltsbegehren einfordert. Insofern wird das Prinzip der Gegenseitigkeit verletzt, wenn der Berechtigte sich gegen den Willen seines Ehegatten einem anderen Partner zuwendet und jenem die dem Ehegatten geschuldete Hilfe und Fürsorge zuteil werden lässt. Eine in dieser Weise erfolgte Abkehr von der Ehe, die vor allem in der Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft oder der Aufnahme eines nachhaltigen, auf längere Dauer angelegten intimen Verhältnisses liegen kann, führt dazu, dass die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint.

Dabei ist es regelmäßig nicht von Bedeutung, ob der Berechtigte sich im unmittelbaren Anschluss an die Trennung einem anderen Partner in der vorgenannten Art zuwendet, oder ob dies erst zu einem späteren Zeitpunkt des Getrenntlebens geschieht. Wesentlich ist vielmehr, ob das Verhalten des Berechtigten für das Scheitern der Ehe ursächlich war. Das wäre etwa dann nicht der Fall, wenn die Aufnahme der Beziehung erst zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der Verpflichtete sich seinerseits bereits von seinem Ehegatten abgewandt hatte.

Diese Beurteilung gilt für den Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB unabhängig davon, ob der Berechtigte eine heterosexuelle oder eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft begründet oder zu einem Mann oder einer Frau ein nachhaltiges, auf Dauer angelegtes intimes Verhältnis aufnimmt. Das bedeutet nicht, dass die sexuelle Umorientierung des Berechtigten unterhaltsrechtlich sanktioniert wird. Die Entwicklung gleichgeschlechtlicher Neigungen und die deshalb vorgenommene Trennung bleiben dem Berechtigten unbenommen. Die Annahme eines Härtegrundes ist erst dann gerechtfertigt, wenn er sich unter Abkehr von der Ehe einem anderen Partner zuwendet. Insofern gewährleistet § 1579 BGB die Verfassungsmäßigkeit des verschuldensunabhängigen Unterhaltsrechts. Die Grenze der Zumutbarkeit eines schuldunabhängigen Unterhaltsanspruchs würde dort überschritten, wo ein getrennt lebender oder geschiedener Ehegatte Unterhaltsansprüche seines Partners zu erfüllen hätte, obwohl dieser sich ganz bewusst von jeglichen ehelichen Bindungen gelöst hat. In einem solchen Fall wäre die mit der Inanspruchnahme verbundene Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Verpflichteten im finanziellen Bereich nicht mehr verfassungsgemäß. Für den Verpflichteten macht es insofern keinen maßgeblichen Unterschied, ob sein Ehegatte eine Beziehung zu einem Mann oder zu einer Frau aufgenommen hat. Andererseits stellt sich das Fehlverhalten des Berechtigten nicht deshalb in einem milderen Licht dar, weil er einen gleichgeschlechtlichen neuen Partner gewählt hat.

Danach kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Klägerin ein schwerwiegendes, eindeutig bei ihr liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt. Hierfür wird es auf die vom Berufungsgericht offengelassene Frage ankommen, ob sich die Trennung der Klägerin als Ausbruch aus einer intakten Ehe darstellt oder ob die Ehe zu diesem Zeitpunkt bereits aus anderen Gründen gescheitert war. Sollte Letzteres der Fall gewesen sein, läge ein schwerwiegendes, eindeutig der Klägerin anzulastendes Fehlverhalten nicht vor. Die Sache war deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen nachholen kann. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB erfüllt ist, wird es in einem weiteren Schritt zu beurteilen haben, inwieweit der Unterhaltsanspruch der Klägerin unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles, insbesondere der Ehedauer und der fünf gemeinsamen Kinder, zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen ist.

Urteil vom 16. April 2008 – XII ZR 7/05

Amtsgericht Schwedt 4 F 267/01 Entscheidung vom 20. Juni 2003

Oberlandesgericht Brandenburg 10 UF 166/03 Entscheidung vom 30. November 2004

Karlsruhe, den 17. April 2008

Quelle:
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Anmerkung Rechtsanwalt Schendel:

Auf die vollständige Urteilsbegründung darf man gespannt sein. Seit langer Zeit hatte sich der BGH mit dem Treuebruch während der Trennung nicht mehr zu befassen. Bemerkenswert ist, dass auch ein Treuebruch nach der Trennung Folgen für den Unterhalt haben soll, wenn er nur für das Scheitern der Ehe ursächlich war. Der BGH geht offenbar davon aus, eine Ehe sei per se nicht schon mit der Trennung gescheitert, solange einer der Ehegatten noch an ihr festhalten will. Jedem Unterhaltsschuldner ist daher nur zu raten, nach der Trennung an der Ehe festzuhalten. Begeht der Unterhaltsberechtigte dann einen schwerwiegenden Treuebruch, könnte auf Verwirkung des Unterhalts erkannt werden.

Hinzuweisen ist auch darauf, dass nicht etwa erst eine verfestigte Lebensgemeinschaft mit einem anderen Partner bestehen muss, um den Unterhalt zu reduzieren oder ganz zu versagen. Dieser Verwirkungseinwand bleibt daneben bestehen. Es reicht vielmehr schon aus, wenn der Berechtigte gegen den Willen des anderen Ehegatten eine eheähnliche Gemeinschaft begründet oder ein nachhaltiges, auf längere Dauer angelegtes intimes Verhältnis zu einem anderen Partner aufnimmt.

18.April 2008

BGH-Urteil 16.04.08: Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts

Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich mit Fragen der Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unterhalts zu befassen.

Die Parteien hatten 1989 geheiratet. In ihrem Haushalt lebten ein 1983 geborenes Pflegekind aus der ersten Ehe des Ehemannes, zwei 1984 bzw. 1988 geborene Kinder der Ehefrau und ein 1989 geborenes gemeinsames Kind. Seit November 2005 sind die Ehegatten rechtskräftig geschieden. Das Oberlandesgericht hat der geschiedenen Ehefrau auf der Grundlage der Erwerbseinkünfte des Ehemannes, seines Vorteils aus mietfreiem Wohnen im eigenen Haus und seiner Unterhaltspflicht für die jüngste Tochter einerseits sowie eigener fiktiver Erwerbseinkünfte aus einer Vollzeittätigkeit und weiterer Zinseinkünfte aus den im Zugewinnausgleich erhaltenen 66.500 € andererseits einen Unterhaltsanspruch in zeitlich gestufter Höhe, zuletzt in Höhe von rund 240 €, zugesprochen.

Den Anspruch der Ehefrau auf Aufstockungsunterhalt hat das Oberlandesgericht wegen Verwirkung für die Dauer von einem Jahr um monatlich 100 € gekürzt. Nach Abschluss eines Vergleichs über den Trennungsunterhalt im September 2003, dem eigene Einkünfte in Höhe von 800 €/monatlich zu Grunde gelegt waren, hatte die Ehefrau erst im Dezember 2004 offenbart, dass sie bereits seit Dezember 2003 ein höheres eigenes Monatseinkommen von 1.184 € erzielte.

Die vom Ehemann angestrebte Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts hat das Oberlandesgericht abgelehnt, weil solches nach einer Ehedauer von fast 13 Jahren nur bei außergewöhnlichen Umständen in Betracht komme, die hier nicht vorlägen. Zwar arbeite die 50 Jahre alte Ehefrau wieder in ihrem alten Beruf. Wegen der Betreuung des gemeinsamen Kindes sei ihre Gelegenheit zu Fort- und Weiterbildung aber eingeschränkt gewesen. Gehaltseinbußen könnten deswegen nicht ausgeschlossen werden. Schließlich habe die Ehefrau während der Ehezeit auch nur geringe eigene Rentenanwartschaften erworben. Gegen dieses Urteil hatten beide Parteien Revision eingelegt.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Ehefrau, mit der sie u.a. die einjährige Kürzung ihres nachehelichen Unterhalts angegriffen hatte, zurückgewiesen. Nach § 1579 Nr. 5 BGB ist ein Unterhaltsanspruch zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat. Eine solche Verletzung hat der Bundesgerichtshof darin gesehen, dass die Ehefrau den Ehemann die nicht unerhebliche Steigerung ihres eigenen Einkommens verschwiegen hat. Nach Abschluss des Vergleichs über den Trennungsunterhalt war die Ehefrau verpflichtet, den Ehemann auch ungefragt über einen erheblichen Anstieg ihres eigenen Einkommens zu informieren, weil sich dies auf die Höhe des geschuldeten Trennungsunterhalts auswirken konnte. Auch den Umfang der Kürzung des nachehelichen Unterhalts hat der Bundesgerichtshof nicht beanstandet.

Auf die Revision des Ehemannes hat der Bundesgerichtshof das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Weil die im Zeitpunkt der Ehescheidung 49 Jahre alte Ehefrau in der Lage ist, vollschichtig in ihrem erlernten Beruf als Krankenschwester zu arbeiten, liegen ehebedingte Nachteile nicht mehr auf der Hand und müssten deswegen ggf. konkret von der Ehefrau vorgetragen werden. Ein solcher Nachteil ist im vorliegenden Fall nicht darin zu erblicken, dass die Ehefrau in der Ehezeit nur sehr geringe eigene Rentenanwartschaften erworben hat, weil für diese Zeit der Versorgungsausgleich durchgeführt wurde. Danach ist der Nachteil bei der Altersversorgung von beiden Ehegatten zu gleichen Teilen zu tragen. Das Berufungsgericht wird deswegen erneut entscheiden müssen, ob und ab wann der nacheheliche Unterhaltsanspruch entfällt und die Ehefrau darauf verwiesen ist, von ihren eigenen Einkünften zu leben.

Urteil vom 16. April 2008 XII ZR 107/06

AG Dortmund – 172 F 2200/02 – Entscheidung vom 11.7.2005

OLG Hamm – 4 UF 208/02 – Entscheidung vom 8.6.2006

Karlsruhe, den 17. April 2008

Quelle:
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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Anmerkung Rechtsanwalt Schendel:

Die Veröffentlichung des vollständig abgedruckten Urteils bleibt abzuwarten.

Es ist hervorzuheben, dass die seit 2005 geschiedenen Eheleute sich im September 2003 über den Trennungsunterhalt einigten. Diese Einigung basierte auf monatlichen Einkünften der Ehefrau von EUR 800. Ihr Einkommen stieg dann bereits ab Dezember 2003, also kurz nach der Vereinbarung, auf EUR 1184 im Monat. Dies teilte sie dem Ehemann jedoch erst ein Jahr später, nämlich im Dezember 2004 mit. Bis dahin hatte sie insoweit geschwiegen und den vereinbarten Unterhalt entgegen genommen.

Grundsätzlich besteht jedenfalls bei Unterhaltsvereinbarungen eine Pflicht zur ungefragten Auskunft über Einkommensänderungen. Dieser Verpflichtung kam die Ehefrau verspätet nach. Die Folge war, dass das Gericht ihr den Geschiedenenunterhalt für die Dauer von einem Jahr um EUR 100 kürzte. Sie wurde also wegen eines Fehlverhaltens im Rahmen des Trennungsunterhalts durch eine zeitliche befristete Teilkürzung des Geschiedenenunterhalts sanktioniert.

Das Oberlandesgericht hatte den Geschiedenenunterhalt der Ehefrau nicht befristet, ihn also – abgesehen von der vorgenannten Teilkürzung um EUR 100 auf ein Jahr – unbefristet und bis auf weiteres zugesprochen, obwohl der Ehemann eine Befristung beantragt hatte.

Der BGH ist der Auffassung, eine zeitliche Befristung komme hier durchaus in Betracht, da ehebedingte Nachteile in der Erwerbsbiografie der Ehefrau nicht zu erkennen seien. Der Fall wurde an das OLG zurück verwiesen, um hier weitere Ermittlungen anzustellen, die der BGH als reine Revisionsinstanz selbst nicht durchführen kann.

18.April 2008

Unterhaltsregress des Scheinvaters gegen den Erzeuger des Kindes ohne vorausgegangenes Vaterschaftsfeststellungsverfahren

Der u. a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über die Unterhaltsklage eines Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger, dessen Vaterschaft bisher nicht festgestellt worden ist, zu entscheiden.

In einem vorausgegangenen Vaterschaftsanfechtungsverfahren hatte das Familiengericht 2003 rechtskräftig festgestellt, dass der Kläger nicht der Vater der drei Kinder ist, die die Kindesmutter während der 1989 mit ihm geschlossenen Ehe 1992, 1994 und 1995 geboren hatte. Die Ehe wurde 2004 geschieden.

Der Kläger ist überzeugt, dass der Beklagte, der inzwischen mit der Mutter und den drei Kindern zusammenlebt, diese Kinder gezeugt hat. Wegen des den Kindern jahrelang (aufgrund der rückwirkenden Vaterschaftsanfechtung ohne Rechtsgrund) geleisteten Unterhalts macht er den gemäß § 1607 Abs. 3 BGB auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch der Kinder gegen deren biologischen Vater geltend (sog. Scheinvaterregress).

Der Beklagte hat die Vaterschaft nicht anerkannt und lehnt es ab, ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren einzuleiten; hierzu ist auch die allein sorgeberechtigte Mutter weder im eigenen Namen noch als gesetzliche Vertreterin der Kinder bereit. Der Kläger selbst kann eine solche Vaterschaftsfeststellungsklage nicht erheben, § 1600e Abs. 1 BGB.

Beide Vorinstanzen haben der Klage den Erfolg versagt, weil § 1600d Abs. 4 BGB bestimmt, dass die Rechtswirkungen der Vaterschaft erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können, und haben sich insoweit auf ein Senatsurteil aus dem Jahre 1993 (BGHZ 121, 299) berufen, demzufolge eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Rahmen eines Prozesses über den Scheinvaterregress grundsätzlich unzulässig ist.

An dieser Entscheidung hält der Senat nicht mehr uneingeschränkt fest und lässt eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft nunmehr in Ausnahmefällen wie dem vorliegenden zu, weil sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen inzwischen in entscheidenden Punkten geändert haben und der Scheinvater andernfalls trotz bestehenden gesetzlichen Anspruchs rechtlos gestellt wäre:

Bis zum 30. Juni 1998 konnte die alleinsorgeberechtigte Mutter ihr nichteheliches Kind nicht vertreten, soweit es um die Feststellung der Vaterschaft ging; insoweit stand die gesetzliche Vertretung dem Jugendamt zu, das in aller Regel ein solches Verfahren im Interesse des Kindes einleitete.

Diese Amtspflegschaft ist durch das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Beistandschaftsgesetz in dem Bestreben abgeschafft worden, die Eigenverantwortung der nichtehelichen Mutter zu stärken. Nach der Neuregelung des § 1629 Abs. 2 Satz 3 BGB kann ihr die Vertretung des Kindes selbst dann nicht durch das Familiengericht entzogen werden, wenn die Nichterhebung der Vaterschaftsfeststellungsklage dem Interesse des Kindes zuwiderläuft.

Dies würde den Scheinvater faktisch der Willkür der Kindesmutter und des wahren Erzeugers ausliefern und ihn rechtos stellen, wenn die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB weiterhin uneingeschränkt zu beachten wäre.

Der Senat hat das Berufungsurteil deshalb auf die Revision des Klägers aufgehoben und die Sache zur Klärung der Vaterschaft des Beklagten an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Urteil vom 16. April 2008 – XII ZR 144/06

AG Uelzen – 3b F 1022/05

OLG Celle – 15 UF 46/06 (abgedruckt in FuR 2006, 574 ff.)

Karlsruhe, den 17. April 2008

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
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17.April 2008

BGH am 22.01.08: Anrechnung der Geschäftsgebühr auch im Kostenfestsetzungsverfahren

In seinem Beschluss vom 22.01.2008 (Az VIII ZB 57/07) hatte sich VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit der Frage zu beafssen, ob die dem Rechtsanwalt für seine außergerichtliche Tätigkeit entstandene Geschäftsgebühr auch bei der Kostenfestsetzung eines gerichtlichen Verfahrens auf die dortige Verfahrensgebühr anzurechnen ist.
Seiner zuletzt mit Urteil vom 07.03.2007 (Az VIII ZR 86/06) geäußerten Rechtsauffassung folgend stellte der BGH klar, dass an dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes festzuhalten ist und sich die Verfahrensgebühr entsprechend verkürzt, wenn zuvor eine Geschäftgebühr entstanden ist.
Die Geschäftsgebühr selbst sei im Kostenfestsetzungsverfahren nicht geltend zu machen. Etwaiger Mehraufwand im Kostenfestsetzungsverfahren sei ebenso hinzunehmen wie Ungleichbehandlungen aufgrund des Unterlassens einer vorgerichtlichen Tätigkeit überhaupt.
Bemerkenswert ist die Feststellung des BGH, wonach die Ermittlung der Höhe der anzurechnenden Geschäftsgebühr meist unproblemtisch sei, da in Nr. 2400 VV RVG eine Regelgebühr vorgesehen sei. Gemeint ist hier die wohl Gebühr von 13/10, die innerhalb des Rahmens von 5/10 bis 25/10 nur bei umfangreicher und schwieriger Tätigkeit überschritten werden kann.

Rechtsanwalt Eric Schendel, Fachanwalt für Familienrecht, Mannheim

16.April 2008